Der Föderalismus ist gescheitert!
Der Föderalismus wird selten in Frage gestellt. Es soll alles so bleiben wie es ist. Bloß keine Veränderungen, denn die könnten ja die eigenen Pfründe gefährden.
Föderalismus: Welchen Sinn haben die Länderparlamente?
Dabei
fragt sich der mündige Bürger, welchen höheren Sinn
unsere 16 Landesregierungen eigentlich haben. Deutlich wird dies
besonders in Zeiten anstehender Landtagswahlen. Die konkurrierenden
Parteien finden doch kaum Themen, die interessieren und mit denen sie
punkten könnten.
Denn die wirklich relevanten Entscheidungen, die den Fortbestand
unseres Staates und das Wohlergehen der Bürger betreffen,
können nur im Bundestag verhandelt werden.
Der
Landtag befasst sich nur mit sekundären Belangen - wie der
Schulbildung, der inneren Sicherheit, der regionalen
Wirtschaftsförderung, den kulturellen Einrichtungen und der
Verwaltung.
Doch alle diese Themen sind in erster Linie abhängig von den
zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln. Und auf die
haben die Landesregierungen nur wenig Einfluss - die entscheidende
Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik bestimmt schließlich
die Bundesregierung.
Föderalismus: Postenschacher, lustige Debatten und rituelle Wahlkämpfe
So drängt sich doch mehr oder weniger der Verdacht auf, Landesparlamente seien recht überflüssig. Macht es zum Beispiel wirklich Sinn, sich seit 50 Jahren über die richtige Schulpolitik zu streiten und ständig in allen Bundesländern unterschiedliche Modelle zu erproben?
Wurden gar die Landesparlamente errichtet, damit Parteien großzügig Pfründe und Posten verteilen können? Sind die jahrzehntelangen Debatten über ewig gleiche Themen zielführend oder lediglich ein mäßig unterhaltsamer Zeitvertreib für Parlamentarier und Berichterstatter?
Fungieren gar die Wahlkämpfe als krönender Abschluss eines politischen Dauertheaters oder erfüllen sie lediglich die nutzlose Aufgabe eines Politikbarometers?
Föderalismus: Subventionswettkampf um Wirtschaftsansiedlungen
Jedes Bundesland braucht für seine Bürger genügend Arbeitsplätze und florierende Unternehmen, die hohe Steuern zahlen.
Aus dieser Notwendigkeit entsteht ein innerdeutscher Wettbewerb der Länder um Industrieansiedlungen. Um dicke Fische zu angeln, wird mit Subventionen geködert und sich dabei gegenseitig überboten. Es werden Gewerbegrundstücke weit unter Preis verkauft und maßgeschneiderte Verkehrsanbindungen auf Kosten des Steuerzahlers geschaffen.
Die Frage lautet: Nützt dieser bundesdeutsche Standortwettbewerb der deutschen Volkswirtschaft? Es kann doch dem Staat letztlich egal sein, ob eine neue Fabrik in Bayern, Schleswig-Holstein oder Brandenburg errichtet wird.
Nicht
Subventionen und sonstige Förderungen - der Markt soll es
richten!
Dann
kommen die Investoren vermutlich von ganz allein zu der Erkenntnis,
dass eine Ansiedlung in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit (kein
Arbeitskräftemangel, niedrigeres Lohnniveau) und
günstigeren Grundstückspreisen durchaus sinnvoll sein kann.
Wenn dann trotzdem noch Subventionen notwendig sein sollten, kann der Staat weit besser als ein Bundesland lenkend eingreifen (nur Ansiedlungen in wirtschaftlich schwachen Regionen fördern).
Föderalismus: Unliebsamer Länder-Finanzausgleich
Deutschland spaltet sich bekanntlich in reiche und arme Bundesländer. Dieses Ungleichgewicht von arm und reich ist aber nicht das Ergebnis tüchtiger oder schlechter Landesregierungen, sondern in der Regel die Folge historisch bedingter Entwicklungen (Bodenschätze) und der geografischen Lage.
Dass
historisch gewachsene Industriezentren eine starke Sogwirkung
erzeugen und für Neuinvestoren besonders attraktiv sind, wird
ebenfalls niemand bestreiten wollen. Da helfen dann auch alle
verzweifelten Anstrengungen der industrieschwachen Regionen wenig,
dieses Manko auszugleichen.
In Schleswig-Holstein zum Beispiel sind die Löhne deutlich
niedriger als im Süden der Republik (wo es sogar noch fünf
Feiertage extra gibt). Dennoch meiden Großinvestoren und
Konzerne das Land zwischen den Meeren, weil es hier keine echte
industrielle Basis gibt (die Zulieferindustrie fehlt).
Also kann in Schleswig-Holstein (wie auch in vielen anderen Bundesländern, vor allem im Osten) nur der Mangel verwaltet werden. Obwohl man kürzt, wo es nur geht, sind ausgeglichene Haushalte kaum hinzubekommen. Unter solchen Zwängen ist der Länderfinanzausgleich unausweichlich.
Wäre
Schleswig-Holstein ein souveräner Staat, würden die
Probleme gar nicht erst aufkommen.
Dann
könnte nämlich Schleswig-Holstein entsprechend seiner
Finanzkraft die Sozialhilfen kürzen, die Mehrwertsteuern anheben
oder satte Zölle erheben, wie es selbst der Exportweltmeister
China für notwendig hält.
Als unselbständiges Bundesland aber steckt Schleswig-Holstein in
der Zwangsjacke oberstaatlicher Verfügungsgewalt (was die
Wirtschafts- und Sozialpolitik betrifft) und verfügt über
keine echte hoheitliche Einnahmequelle.
Föderalismus: Brauchen wir eine unterschiedliche Schulbildung
Der Staat erwartet von seinen Bürgern zunehmend Flexibilität. Die Arbeitnehmer sollen gefälligst dorthin ziehen, wo aktuell Arbeitsplätze benötigt werden. Die ständige Jagd nach den viel zu knappen Arbeitsplätzen (in Deutschland fehlen mindestens zehn Millionen seriös bezahlte Jobs) bedingt auch einen häufigen Wohnungswechsel von einem Bundesland ins andere.
Und in
dieser Situation erlaubt sich unser Staat, die Bildungspolitik ihren
Bundesländern zu überlassen!
Das führt natürlich zu einem heillosen Durcheinander.
Schüler, die von Hamburg nach München ziehen, müssen
sich nicht nur in ein neues Umfeld einfügen, sie werden auch mit
anderen Unterrichtsplänen und Schulformen konfrontiert.
Auch im Bildungsbereich muss man feststellen, dass eine einheitliche, zentral gelenkte Bildungspolitik besser wäre. Die Profilierungssucht von 16 verschiedenen Landesparlamenten führt zu nichts und provoziert geradezu ein ständiges Herumexperimentieren an unseren Schülern.
Föderalismus: Gewollte Blockade der Bundesregierung?
Meistens ist es so, dass regierende Bundesparteien wegen des Protestverhaltens vieler Bürger bei Landtagswahlen einen schweren Stand haben. Dies führt normalerweise zu einer Machtumkehr im Bundesrat - schon nach einigen Landtagswahlen dominiert dort die Opposition.
Dadurch
wird die Arbeit der Bundesregierung zunehmend erschwert, denn die
meisten wichtigen Bundesgesetze müssen vom Bundesrat (in dem die
Landesregierungen vertreten sind), genehmigt werden. Damit ist die
weitgehende Lähmung der Bundesregierung vorprogrammiert.
Wer hat sich diesen Unfug, der bestenfalls schräge Kompromisse
zulässt, bloß ausgeheckt?
Ich halte den Bundesrat für überflüssig, er sollte abgeschafft werden (andere demokratische Länder kommen schließlich auch ohne diese zusätzliche Instanz aus).
Wenn man
den Bundesrat unbedingt erhalten will, müssten zumindest
sämtliche Landtagswahlen am gleichen Tag zusammen mit der
Bundestagswahl stattfinden (damit die Regierung vier Jahre
Wahlfrieden und Zeit zum Regieren hat und nicht ständig einen
Machtwechsel im Bundesrat befürchten muss).
Sollten in irgendeinem Bundesland vorzeitige Neuwahlen anfallen,
müsste die Wahlperiode auf die Restlaufzeit verkürzt
werden, um wieder einen Einklang mit der nächsten Bundestagswahl
herzustellen.
Föderalismus: Jahrmarkt der Wahlversprechen
Die ständigen Landtagswahlen verführen die Parteien zu unangemessenen Wahlversprechen. Sie sind mitverantwortlich für die Überschuldung der Kommunen, der Länder und des Staates.
Es genügt vollkommen, wenn die rivalisierenden Parteien sich alle vier Jahre bei der Bundestagswahl mit populistischen Scheinwohltaten zu übertrumpfen suchen - ein gutes Dutzend weiterer Anlässe zwischendurch (im Zuge der Landtagswahlen) sind da wirklich nicht hilfreich.
Beispielhaft sind die aktuellen Landtagswahlen im Mai 2012 (Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz): Die FDP outet sich als "einzige der sechs großen Parteien, die nicht dem Sozialismus nacheifert" - und dennoch verlangt auch sie populistisch die Verdoppelung der Pendlerpauschale und eine Reichensteuer.
Föderalismus: Machtlose Landtage
Es ist schon paradox: Die Landesregierungen sind eigentlich weitgehend hilf- und machtlos, sie können nicht einmal ihr eigenes Bundesland eigenverantwortlich führen und gestalten. Aber über den Bundesrat verfügen die Länder über ein staatsfeindliches Veto- und Blockaderecht, das unser demokratisches System immer wieder ad absurdum führt und stark beeinträchtigt.
Warum tun wir uns das an? Warum halten wir die Väter des Grundgesetzes noch immer für unfehlbar, warum wagt niemand eine Korrektur (die Abschaffung des Bundesrates)? Warum hält man es nicht einmal für nötig, über diese Problematik offen zu diskutieren?
Schließlich haben sich in den letzten sechs Jahrzehnten auch die Voraussetzungen für den Föderalismus merklich geändert: Durch die Wiedervereinigung hat sich die Zahl der Bundesländer erhöht, das Internet und das Fernsehen ermöglichen eine nie gekannte Informationsvielfalt (die eine Bundesrat-Kontrolle erübrigt) und die EU hat derweil zusätzliche Instanzen und Gesetzeshürden geschaffen (Europäisches Parlament, Europäischer Gerichtshof usw.).
Was
ist ein Föderalismus? Vorteile:
Gewaltenteilung - Bund und Länder müssen sich
arrangieren. Landesregierungen sind vor Ort und kennen sich
regional besser aus. Nachteile:
Eingeschränkte Handlungsfähigkeit des Staates,
häufiger Zwang zu faulen Kompromissen, ständige
Profilierungssucht ehrgeiziger Politiker, wegen anstehender
Landtagswahlen keine echte "Friedenszeit", stete
Machtkämpfe zwischen Bundestag und Bundesrat (vor
allem, wenn im Bundesrat die Opposition die Mehrheit
bildet).
Ein Staatssystem, das den Provinzen oder Bundesländern
eine größtmögliche Selbständigkeit
gewährt.
Daraus resultierend populistische Gefälligkeitspolitik
(teure Wahlversprechen), weitgehende Anpassung der
Parteiprogramme (der Bürger hat keine echte Wahl mehr),
Verdrängung von wichtigen Grundsatzfragen,
staatsfeindliche Interessenpolitik der Länder
usw.
PS: Wenn ich etwas falsch sehe oder nicht recht verstanden habe, scheuen Sie sich bitte nicht, mir das mitzuteilen.
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Manfred J. Müller, Flensburg, Erstveröffentlichung Aprtil
2012
Überwindung
der Denkverbote statt populistischer Gesundbeterei
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entstanden ohne Anwendung einer Künstlichen Intelligenz
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Ist
der Begriff „Pseudodemokratie" im Falle Deutschlands zu
schmeichelhaft?
Eine
überfällige Abrechnung!
•
Die
USA dürfen sich aus dem Ukrainekrieg zurückziehen,
Deutschland aber nicht?!
• Höhere
Vermögenssteuern - das ewige
Patentrezept.
•
Wer
besitzt die politische Deutungshoheit und wer maßt sie sich
an?
• Nato:
Und wenn Deutschland neutral wie die Schweiz wäre...
•
Deutschland
und die Zukunft der Globalisierung
• Die
dreiste Proklamation des
Fachkräftemangels!
• "Die
Würde des Menschen ist unantastbar."
• Je
höher die Bevölkerungsdichte, desto besser für das
Land?
• Warum
gibt es kein Gesamtministerium für Entwicklungs- und
Zuwanderungshilfen?
• Wer
bestimmt eigentlich, dass Deutschland ein Einwanderungsland
ist?
• Zu
viele Rentner, Fachkräftemangel, Kinderarmut,
Leistungsgerechtigkeit - wann kollabiert unser
Sozialstaat?
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
•
Bücher
von Manfred J. Müller …
"Ich
lese nur das, was meine eigene Meinung bestätigt! Ich
will mich ja schließlich nicht
ärgern!"
Mit
dieser weit verbreiteten Haltung ist der Demokratie aber wenig
gedient. Merkwürdig, dass man derlei Sprüche gerade von
Leuten hört die vorgeben, die Demokratie retten zu wollen und
sich selbst für tolerant halten.